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Bild von Skyline Paris
Julia GroteMar 17, 2022 2:29:21 PM4 min Lesezeit

Alle Wege führen nach Paris

Klimarisikomanagement & Unternehmensentwicklung

Der neue IPPC-Klimareport zeigt erneut, dass wir gravierenden Klimarisiken gegenüberstehen. Darüber hinaus hat die EU-Kommission jüngst einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit angenommen. Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen sicherstellen, dass ihre Geschäftsstrategie mit dem Abkommen von Paris vereinbar ist. In diesem Artikel möchten wir Ihnen zeigen, wie Klimarisikomanagement die Unternehmensentwicklung beeinflussen wird.

Klimarisiken

Klimarisiken umfassen physikalische Klimarisiken und transitorische Risiken.

Unter physikalischen Risiken versteht man das Risiko der Zerstörung von Produktionsanlagen, der Unterbrechung von Lieferketten oder des Geschäftsbetriebs aufgrund von physikalischen Ereignissen wie Überschwemmungen, Waldbrände, Hitze, Stürme oder dem Ansteigen des Meeresspiegels. Diese Risiken existieren bereits: Die globale Erwärmung, mit der wir heute konfrontiert sind, ist eine Folge der Treibhausgas-Emissionen der Vergangenheit. Es ist also ein unbestrittener Fakt, dass klimabedingte Veränderungen Auswirkungen auf die Wirtschaft haben und haben werden.

Transitorische Risiken beschreiben das Risiko von Umsatzeinbußen aufgrund wirtschaftlicher und rechtlicher Veränderungen, die mit der Bekämpfung des Klimawandels einhergehen. Das Transitionsrisiko wäre also gleich Null, wenn wir nicht versuchen würden, physikalische Risiken langfristig zu verringern. Da wir es aber tun, werden manche Geschäftsmodelle unprofitabel, irrelevant oder unmöglich. Das Geschäft mit dem Verbrennungsmotor etwa wird unprofitabel, sobald der CO2-Preis stark steigt. Das bedeutet, dass damit verbundene Geschäftsmodelle wie der Bau von Zapfsäulen ihre Grundlage verlieren könnten. Verbote – wie zum Beispiel der deutsche Kohleausstieg – beenden den Geschäftsbetrieb komplett.

Physikalische Risiken betreffen vor allem bestimmte Regionen (z.B. Küstengebiete), während transitorische Risiken Unternehmen weltweit betreffen könnten. Global agierende Unternehmen sind häufig mit beiden Risiken konfrontiert und müssen diese effektiv managen. Ansteigende Klimarisiken sollten dabei nicht allein durch eine Risikoabteilung gemonitort, sondern in die Gesamtstrategie und Unternehmensentwicklung integriert werden.

Fiktiver Case: Die Climatonia Group

Das deutsche Unternehmen Climatonia ist ein globaler Saatguthersteller mit den folgenden Tochtergesellschaften: Cropta, Genetico und Agritechno. Cropta produziert in Kanada Stickstoffdünger. Genetico ist ein Forschungsunternehmen für CRISPR-Technologie mit Sitz in Indien. Agritechno ist ein Hersteller von Agrarmaschinen mit Standorten in Louisiana, USA, und Toulouse, Frankreich. Die größten Märkte für Climatonia, Cropta und Agritechno sind derzeit Frankreich, China und Brasilien.

Währungsvolatilität in Brasilien und mehrere Zahlungsausfälle haben Climatonia finanziell stark unter Druck gesetzt. Der CEO möchte nun eine langfristige Strategie für die Gruppe entwickeln, um plötzliche Schocks zukünftig zu vermeiden. Neben den offensichtlichen Treasury- und Vertriebsthemen sollte der CEO auch Klimarisiken berücksichtigen, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Welchen Klimarisiken ist der Konzern ausgesetzt?

Physikalische Risiken von Climatonia

Aufgrund von Wirbelstürmen ist die Anlage von Agritechno in Louisiana einem hohen Risiko ausgesetzt. Um dieses Risiko zu messen, muss Agritechno den Wert der Anlage für die Produktion, die Wahrscheinlichkeit von Wirbelstürmen am Standort und die Robustheit der Anlage, z. B. die Qualität des Gebäudes, Evakuierungspläne und Ausweichmöglichkeiten, bestimmen. Unter der Annahme, dass die Wahrscheinlichkeit von Wirbelstürmen steigt, sollte die Unternehmensleitung in Erwägung ziehen, entweder in Sicherheit der Anlage zu investieren oder sie an einen geeigneteren Ort zu verlegen.

Transitorische Risiken von Climatonia

Jedes Unternehmen ist vom klimaneutralen Umbau der Wirtschaft betroffen, aber einige in der Climatonia Group besonders stark.

Das Geschäftsmodell von Cropta ist die Produktion von Stickstoffdünger. Stickstoffdünger führt zur Emission von Lachgas, einem Treibhausgas, das 300-mal stärker wirkt als CO2. Möglich, dass solche Dünger verboten werden, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, sobald sich eine andere Möglichkeit findet, Ernten zu verbessern. Allein die Möglichkeit eines Verbots und der schlechte Ruf der Düngemittelindustrie könnten schnell zu einem Problem für die Vertriebs- und die Finanzabteilung von Cropta werden.

Die CRISPR-Forschung von Genetico hilft Climatonia heute noch nicht, das Saatgutgeschäft in Europa auszubauen, da gentechnisch veränderte Pflanzen in EU-Ländern faktisch verboten sind. Tatsächlich kann CRISPR Pflanzen widerstandsfähiger gegen Schädlinge und Dürreperioden machen und so den Bedarf an Düngemitteln verringern. Die EU-Kommission will Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft reduzieren und plant, bis Mitte 2023 einen Rechtsrahmen für Technologien wie CRISPR vorzuschlagen. Dies würde sich positiv auf Genetico und Climatonia auswirken und gleichzeitig die Nachfrage nach Cropta-Düngemitteln verringern.

Ein weiteres transitorisches Risiko entsteht durch den steigenden CO2-Preis und die damit verbundenen Transportkosten für Agritechno. Mit Anlagen in Toulouse und Louisiana auf der einen Seite und Märkten in China und Brasilien auf der anderen Seite sind Transportkosten von grundlegender Bedeutung für die Rentabilität von Agritechno. Eine strategische Konsequenz könnte darin bestehen, die Anlagen nach China und Brasilien zu verlagern und gleichzeitig Service als Hauptgeschäftsmodell in den USA zu etablieren.

Conclusio

Wie Sie sehen, haben bereits die offensichtlichen Klimarisiken, mit denen der Konzern konfrontiert ist, große Auswirkungen auf eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung. Vielleicht sollte Climatonia Cropta verkaufen, vielleicht sollte es die Produktionsanlagen von Agritechno verlagern. Diese Entscheidungen sind nicht einfach und haben eine enorme Tragweite. Schließlich drohen Proteste bei Werkschließungen, Rechtsrisiken beim Unternehmensverkauf und viele andere Themen, die der Vorstand von Climatonia dann vertreten muss.

Es ist von entscheidender Bedeutung, Klimarisiken so schnell wie möglich auf höchster Managementebene zu behandeln, denn alle Wege führen nach Paris.

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