Was am 26.02.2025 aus Brüssel kam, war nicht weniger als ein Paukenschlag. Nachdem in den vergangenen Jahren im Zuge des Green Deals die EU Taxonomie, SFDR, CSRD und CS3D beschlossen wurden, hat die EU Kommission nun eine radikale Verschlankung von Informationsanforderungen und Sorgfaltspflichten vorgeschlagen. Damit folgt sie dem jüngst definierten Ziel, den Wirtschaftsraum EU durch Entbürokratisierung wettbewerbsfähiger zu machen.
CSRD: Das gilt aktuell
Bereits berichtspflichtig für das Bilanzjahr 2024 sind Banken, Versicherungen und große kapitalmarktorientierten Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Diese mussten bisher schon einen Nachhaltigkeitsbericht nach NFRD veröffentlichen und verwenden fortan die ESRS. Ungeachtet der Tatsache, dass der Bundestag die CSRD bisher nicht in deutsches Recht umgesetzt hat, dürften die betroffenen Unternehmen freiwillig die EU-weiten Standards erfüllen. Die ESRS-konformen Nachhaltigkeitsberichte dieser Unternehmen werden mit Spannung erwartet, weil sie der erste Schritt hin zu einer herrschenden Meinung bei der Interpretation der ESRS sind.
Für das Bilanzjahr 2025 erweitert sich der Kreis der Betroffenen um die Gruppe der großen Unternehmen. "Groß" sind Unternehmen im Sinne der Richtlinie dann, wenn Sie mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen:
1. Mehr als 250 Mitarbeiter
2. Mehr als 50 Mio. € Nettoumsatzerlöse
3. Bilanzsumme > 25 Mio. €
Die Reporting-Pflicht gilt auch für Konzernmütter, sofern die Gruppe auf konsolidierter Basis die Größenkriterien überschreitet.
Ab 2026 werden auch kapitalmarktorientierte KMUs sowie kleine und mittelgroße Banken und Versicherungen von der CSRD betroffen sein.
CSRD: Das ist der Vorschlag der Kommission
Der Vorschlag er Kommission umfasst im Wesentlichen drei zentrale Veränderungen.
1. Die Einführung wird um zwei Jahre verschoben. Das bedeutet, dass jene Unternehmen, die ab 2025 betroffen sind (second wave), erst ab dem Jahr 2027 einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen müssen. Kapitalmarktorientierte KMUs (third wave) sowie kleine und nicht-komplexe Kreditinstitute und unternehmenseigene Versicherungen (ebenfalls third wave) wären erst ab 2028 betroffen. So soll mehr Zeit geschaffen werden, um Veränderungen am Anwenderkreis (siehe Punkt 2) zu diskutieren, bzw. durchzusetzen.
2. Die Zahl der betroffenen Unternehmen wird radikal verkleinert. Nach Vorschlag der EU Kommission müssten nur noch jene Unternehmen berichten, die 1.000 Mitarbeiter haben und entweder Nettoumsatzerlöse größer 50 Mio. € erzielen oder deren Bilanzsumme die Schwelle von 25 Mio. € überschreitet. Das Kriterium "von öffentlichem Interesse" soll keinerlei besondere Geltung mehr haben. Damit wären alle Banken, Versicherungen und börsennotierte Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern außerhalb des Anwendungskreises - wobei ein Teil dieser Gruppe (nämlich die mit über 500 Mitarbeitern) ja bereits seit 2024 von der CSRD betroffen sind und sie bereits anwenden. Eine weitere Folge: kapitalmarktorientierte KMUs wären per definitionem vom Anwendungskreis der CSRD ausgeschlossen. Die EU ändert damit fundamental ihre Herangehensweise: Während bisher der Fokus auf den Kapitalbewegungen liegt, ist nun die Organisationsgröße entscheidend.
3. Die Anforderungen werden reduziert. Die Kommission möchte keine sektorspezifischen Standards der ESRS veröffentlichen. Darüber hinaus sollen die Datenpunkte der allgemeinen ESRS, die sich bereits in Anwendung befinden, erheblich reduziert werden. Auch die Verpflichtung zur Taxonomie-berichterstattung würde erst ab 450 Mio. € Umsatz greifen.
So geht es weiter
Der Entwurf der Omnibus-Verordnung wird nun im EU-Parlament und von den Mitgliedsstaaten geprüft. Deutschland dürfte sich nach der Koalitionsbildung auf nationaler Ebene kaum im Europäischen Rat querstellen - schließlich ist Entbürokratisierung ein zentrales Wahlkampfversprechen der Union. Das Abstimmungsverhalten anderer Mitgliedsstaaten bleibt abzuwarten. Im EU-Parlament ist mit Gegenwind durch die Grünen-Fraktion zu rechnen, genauso wie durch das linke Spektrum. Da die Mehrheit der EU Parlamentarier aber Mitte-rechts-Parteien und rechten Parteien angehören, scheint der Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung unwahrscheinlich.
Was bedeutet das für Unternehmen
Alle Unternehmen, die aktuell oder zukünftig auf Basis der aktuellen Rechtslage unter die CSRD fallen, sollten die Diskussionen im Europäischen Rat und im EU Parlament aufmerksam verfolgen. Ein engmaschiges Monitoring der Regulatorik ist jetzt wichtiger denn je.
Reportingpflicht hin oder her: Risiken, die sich aus dem Klimawandel und aus der komplexen Regulatorik ergeben, werden nicht verschwinden. Es bleibt also von hoher Relevanz, das eigene Risikoprofil zu kennen und zu steuern. Starkregenereignisse, heruntergefahrene Atomkraftmeiler wegen Wasserknappheit, volatile Rohstoffpreise im Agrarbereich, der CO2-Preis - all das wird weiter Teil der unternehmerischen Realität sein. Unternehmen, die sich bereits mit der Umsetzung der CSRD befassen, sollten jetzt also nicht unmittelbar auf die Bremse treten. Sinnvoller ist es, die (eventuell bereits durchgeführte) Wesentlichkeitsanalyse als Basis für eine unternehmenswertsteigernde Nachhaltigkeitsstrategie zu verwenden.